Karolus Magnus – Karl der Große
I
Karl, der nach dem Tod seines Bruders durch die Übereinstimmung aller zum König der Franken gewählt wurde, hatte einen starken und größeren Körper und eine herausragende Gestalt, welche dennoch nicht über das rechte Maß hinaus ging. Er hatte eine helle Stimme, welche aber weniger zur Form seines Körpers passte. Er war von einer guten Gesundheit, außer dass er, bevor er starb, häufig von Fieberanfällen gepackt wurde. Und dann jedenfalls handelte er mehr nach seinem eigenen Willen, als nach dem Rat der Ärzte, die er beinahe hasste, weil sie ihm rieten, gebratenes Fleisch in den Speisen weg zu lassen, an das er sich gewöhnt hatte. Beim Essen und Trinken war er zurückhaltend, aber beim Trinken war der König zurückhaltender, weil er die Trunkenheit bei jedem Menschen sehr verabscheute. Während des Essens hörte er irgendeine Musik oder einen Vorleser. Es wurden Geschichten von alten Taten gelesen.
II
Er hatte so große Sorge um die Erziehung der Söhne und Töchter, sodass er niemals ohne sie selbst aß und niemals ohne sie verreiste. Er wollte seine Töchter, obwohl sie äußerst schön waren und von ihm sehr geliebt wurden, niemandem von den seinigen oder auswärtigen in die Ehe geben, sondern er hielt alle bei sich in seinem Haus bis zu seinem Tode zurück, weil er sagte, dass er ihre Gesellschaft nicht entbehren könne.
III
Er war nicht nur mit der Muttersprache zufrieden, er studierte auch Fremdsprachen. Unter diesen lernte er so Latein, dass er es gewöhnt war in jener wie in der Muttersprache zu reden, er konnte die griechische Sprache aber besser verstehen als sprechen. Er pflegte die freien Künste mit sehr hohem Eifer. Er betete am meisten die Lehrer dieser an, weil er ihnen die größte Ehre zu teil werden ließ. Er hatte Alkuum, vom Volk der Briten, jedoch aus Sachsen, einen sehr gelehrten Mann, als Lehrer, um bei ihm sowohl die Redekunst, als auch die Logik, aber vor allem Astrologie zu lernen. Am meisten verwendete er auch Zeit und Arbeit auf die Kunst des Rechnens. Er versuchte zu schreiben und pflegte darum die Tafeln im Bett unter das Kopfkissen zu legen, um immer, wenn er Freizeit hatte, seine Hand an das Bilden von Buchstaben zu gewöhnen, aber die Arbeit gelang nicht recht, da sie zu spät begonnen wurde.